Die magische Armbrust: eine alte vietnamesische Sage über Trọng Thủy und Mỵ Châu

Die magische Armbrust: eine alte vietnamesische Sage über Trọng Thủy und Mỵ Châu

Nachdem der letzte König der Hùng besiegt und damit der Dynastie, die so lange über das Königreich geherrscht hatte beendet wurde, vereinigte Thục Phán An Dương Vương die beiden Länder Âu Việt und Lạc Việt. Er nannte das neue Königreich Âu Lạc. Er selbst forderte den Thron für sich und wurde so zu König An Dương Vương. Auf Grund seiner geographischen und strategisch günstigen Lage wurde Cổ Loa zur neuen Hauptstadt ernannt. Um sie vor Angriffen zu schützen ließ der König ein Fort um die Stadt errichten. Jedoch gestaltete sich die spiralförmige Konstruktion der Festung als schwierig, denn jedes Mal wenn eine Mauer errichtet wurde fiel sie wieder in sich zusammen. Laut einer Prophezeiung waren dafür die Geister der Hùng Vương Nachkommen verantwortlich, die Rache suchten für den Verlust ihres Königreichs. König An Dương Vương suchte Hilfe bei den Göttern. Er verbrannte Weihrauch, betete, machte Opfergaben und rief alle Götter an, ihm seinen Wunsch eine Festung bauen zu können, zu erfüllen. Die Götter antworteten ihm auf seine Gebete und schickten ihm eine magische goldene Schildkröte. Nachdem die Mauern der Spiralfestung Cổ Loa Thành endlich standen wurde die Schildkröte wieder zu den Göttern gerufen. Sie ließ dem König eine ihrer Krallen als Geschenk und bat ihn, sie als Auslöser für die königliche Armbrust zu verwenden. Auf diese Weiße würde das Königreich unsichtbar bleiben.
Tatsächlich konnte König An Dương Vương sein Königreich eine lange Zeit mit Hilfe der magischen Waffe beschützen. Viele Male hatte der ehrgeizige chinesische Feldherr Triệu Đà den Versuch unternommen Âu Lạc zu erobern, aber immer scheiterte er. Um sich einen neuen Plan aushecken zu können handelte er mit Âu Lạc einen Friedensvetrag aus. Kurz danach sandte er seinen Sohn Trọng Thủy an den Hof den Königs. Er bat um die Hand der Prinzessin Mỵ Châu. Der König stimmte zu und Trọng Thủy lebte fortan im Königreich. Durch Mỵ Châu lernte auch Trọng Thủy die Geheimnisse des Königs kennen und erfuhr auch von der magischen Armbrust, die das Königreich beschützte. Heimlich vertauschte er die Kralle der goldenen Schildkröte mit der einer gewöhnlichen und bat anschließend um die Erlaubnis seinen Vater besuchen zu dürfen. Bevor er ging machte er Mỵ Châu ein Versprechen, dass er im Falle eines Konflikts zurückkehren werde um nach ihr zu sehn. Mỵ Châu ihrerseits versprach ihrem Ehemann, dass sie eine Fährte mit Gänsefedern streuen werde, damit er in der Lage war sie zu finden. Trọng Thủy verabschiedete sich und nahm die magische Kralle mit zu seinem Vater.
Nun da er im Besitz der magischen Schildkrötenkralle war, startete Triệu Đà eine neue Attacke auf Âu Lạc. König An Dương Vương jedoch war zuversichtlich, dass auch dieses Mal seine magische Armbrust das Königreich schützen würde. Er betrachtete ruhig Triệu Đà's Armee, die vor den Toren seiner Festung einmarschierte, nahm seine magische Armbrust hervor und feuerte einen Schuss auf die Angreifer. Aber nichts passierte! Der König begriff nun, dass die goldene Kralle, die tausende mit einem Schuss zu töten vermochte ersetzt worden war. Unvorbereiteten einen Angriff abzuwehren, flohen König und Armee panisch.
Mit Prinzessin Mỵ Châu auf einem Pferd floh der König in den Süden. Als er aber das Meer erreichte, war kein Schiff in Sicht. In großer Verzweiflung rief der König abermals die Götter um Hilfe. Die goldene Schildkröte stieg aus dem Wasser auf und erschien vor An Dương Vương. Die Schildkröte erzählte dem König von Mỵ Châus Verrat und befahl ihm sie zu vernichten, bevor er gerettet werden könne. Der König hob daraufhin sein Schwert und enthauptete Mỵ Châu. Nun nahm die goldene Schildkröte den König mit unter Wasser und verschwand. Von den Gänsefedern geführt kam wenig später auch Trọng Thủy zur Küste. Dort fand er den Körper seiner geliebten Frau in einer Blutlache vor, vom König keine aber Spur. Mỵ Châu’s Blut floss ins Meer, wo die Austern es tranken. Erstaunlicherweise wuchsen Perlen daraus. Von Schmerz und Trauer erfüllt, ertränkte sich Trọng Thủy selbst um in der Ewigkeit bei seiner Liebsten zu sein.