Das letzte übrige Musikinstrument der Nguyen-Dynastie
Der über 100-jährige Mr. Lu Huu Thi war ein Mitglied des kaiserlichen Hoforchesters unter den Kaisern Khai Dinh und Bao Dai. Er ist heute als der letzte Musiker der monarchischen Periode Vietnams. Mr. Thi lebt heute in einem kleinen Haus, Nummer 250 in der Dang Tat Straße im Dorf The Lai Thuong in der Kommune Huong Vinh im Huong Tra Distrikt in der Zentralen Provinz Thua Thien Hue. Selbst in seinem Alter ist er noch körperlich und geistig gesund. Er wurde 1910 in eine Familie mit musikalischer Tradition hineingeboren. Er erlernte die Geheimnisse der Kunst verschiedenster traditioneller Musikinstrumente von seinem Vater und wurde Mitglied der Hoa Thanh Theatertruppe, die zum kaiserlichen Hoforchester der Nguyen-Dynastie in Hue gehörte. "Ich konnte im Alter von 8 Jahren das Dan Nhi, das Dan Tam, das Dan Nguyet, das Dan Ty Ba, das Phach, das Phach Tien, das Tam Am und das Trong Ban spielen" - alles traditionelle Musikinstrumente - "Als ich 15 war trat ich in die Hofmusiktruppe ein, um Kaiser Khai Dinh und Kaiser Bao Dai" - dem letzten Kaiser Vietnams - "zu dienen. Die meisten der Stücke, die jene Kaiser oft hören wollten, kann ich noch heute spielen," sagte Mr. Thi. Er sagte ferner, dass verschiedene Stücke des Hoforchesters zu verschiedenen Anlässen benutzt wurden, beispielsweise wurde "Van Tho" am Geburtstag des Königs gespielt oder "Dang Dan Cung", um Diplomaten zu begrüßen. "Kim Tien" war für Partys gedacht. Mr. Thi sagte, dass die Kaiserlichen regeln extrem streng waren. Musiker mussten alle Regeln und kaiserlichen Riten lernen und verinnerlichen. "Wir mussten in einer geraden Reihe stehen. Wenn man auf einem Hügel roter Ameisen stand musste man still stehen, bis die Vorstellung vorüber war. Manchmal verlangte der Kaiser um Mitternacht nach uns," erinnert sich Thi. Dem Musiker zu Folge mochte der Kaiser Khai Dinh die kaiserliche Hofmusik sehr gerne und konnte selbst den Dan Tranh spielen. Kaiser Bao Dai erbat Musik nur auf Partys und Zeremonien. "Kaiser Khai Dinh hat oft gewöhnliche Kleidung auf Partys getragen. Er war nie in Begleitung von Frauen. Er genoss lediglich das Essen und schwang das Tanzbein zur Musik. Manchmal mussten wir einen halben Tag musizieren, bis wir total fertig waren, aber wir wagten es nicht, uns zu rühren," beteuert Thi. Kaiser Khai Dinh rief von Zeit zu Zeit einen Instrumentalisten zu sich in die verbotene Stadt um mit ihm zu musizieren. Er stand auf einem großen Stuhl vor dem Dan Tranh. Der Musiker saß auf einer niedrigeren Platform. Er musste zunächst verschiedene Melodien spielen, die die Musik des Kaisers begleiteten. Laut Mr. Thi hatte Kaiser Khai Dinh ein Lieblingsstück mit Namen "Dai Tu". Dieses Musikstück ist sehr schwer zu spielen. Heute kann er das Werk nicht mehr vollständig spielen. "Es war sehr schwierig, mit dem Kaiser zu musizieren. Manchmal hörte er plötzlich auf zu spielen und verließ den Raum, dann bekam ich Schweißausbrüche, weil ich nicht wusste, ob ich ihn beleidigt hatte. Ich fragte die Wachen und sie sagten mir, der Kaiser sei traurig," rekapituliert der Musiker. Mr. Thi sagte auch, dass ihm der Kaiser Khai Dinh manchmal Geld gab, um es mit seinen Kameraden zu teilen. Nachdem der Kaiser 1925 gestorben war, hatte sich die Gruppe beinahe aufgelöst. Erst 1931, als Kaiser Bao Dai auf den Thron kam wurde die Gruppe wieder zusammengeführt. Nun musste die Truppe dem Kaiser nicht mehr regelmäßig dienen, sondern hauptsächlich auf Partys. Nach der Augustrevolution 1945 wurde die Truppe ganz aufgelöst. Die kaiserliche Hofmusik Hues fiel in Vergessenheit. In den letzten Jahren wurde sie dank eines staatlichen Projekts allmählich wiederhergestellt. Im Jahr 2003 wurde die kaiserliche Hofmusik zu einem der 28 geistigen Weltkulturerben der Menschheit erklärt. Mr. Thi wurde dazu eingeladen, die kaiserliche Hoftruppe zu beraten. Im Alter von mehr als 100 Jahren versucht Mr. Thi nun, all seine Geheimnisse der kaiserlichen Hofmusik an seine Nachfolger weiterzugeben. Seine 4 Söhne sind Mitglieder der kaiserlichen Hoftruppe in Hue. "Die kaiserliche Hofmusik ist mein Leben! An einem Tag, an dem ich nicht musizieren kann fühle ich mich unwohl. Um die kaiserliche Hofmusik Hues zu erhalten müssen wir ein Team junger Künstler ausbilden, die mit dieser Musik leben und sie lieben," sagte Mr. Thi. "Mr. Thi verdient es, ein 'lebender menschlicher Schatz' genannt zu werden. Wir haben mehreren kompetenten Agenturen aufgetragen, ihm den Titel des Hervorragenden Künstlers zuzuerkennen," sagte Truong Tuan Hai, der Direktor des Theaters für Hues kaiserlich-traditionelle Kunst.