Kaiserliche Zitadelle

Kaiserliche Zitadelle

‚Harmonie’ ist die deutsche Übersetzung für Hue. Vielleicht hat die letzte Kaiserdynastie der Nguyen deshalb Hue zu ihrer Kaiserstadt erwählt. Am Huong Giang (duftender Fluss) liegend und eingebettet zwischen den Bergen kann man heute noch den Glanz und die Erhabenheit und auch die Harmonie spüren, die eine Kaiserstadt vielleicht ausmachen. Über 100 Jahre lang von 1802 bis 1945 war Hue die Kaiserstadt von Vietnam.
Hue als Kaiserstadt ist nur denkbar mit seiner Zitadelle und der Verbotenen Stadt. Eine Besichtigung ist ein Muss für jeden Vietnaminteressierten - und sie lohnt sich. Die gesamte Anlage ist eine Nachahmung der Verbotenen Stadt in Beijing.


Die Zitadelle war ein Staat in der Stadt. Von 1805 bis 1832 wurde eine beeindruckende Außenmauer von 11 km Länge gebaut. Mit 6 m Höhe, 11 Toren, 24 Wachtürmen und von einem 23 m breiten und 4 m tiefen Wassergraben umgeben war sie gedacht als Schutz gegen jeden Eindringling und Feind. – Allerdings bot dieser ganze Aufwand keinen Schutz gegen Feuer (1945) und Bomben während des Krieges. Viel wurde zerstört. Heute zählt die Zitadelle zum Weltkulturerbe und steht unter dem Schutz der UNESCO.


Innerhalb der Zitadelle liegt die Kaiserstadt und darin liegt der Kaiserpalast, besser bekannt als die Verbotene Stadt, die nur der kaiserlichen Familie vorbehalten war. Wie damals bei den Herrschern in Asien üblich, wurde die ganze Anlage streng nach den Regeln des „Phong Thuy“ (chin. Fengshui, dt. Geomantik) und den Erkenntnissen der Astrologie erbaut. Mensch und Lebensraum stehen in Wechselbeziehung zueinander. Bei genauer Beachtung dieser Erkenntnisse konnten Glück, Reichtum und Segen erwartet werden. Außerdem musste die ganze Anlage rechteckig angelegt sein, denn das Rechteck symbolisiert die Erde bzw. die Menschlichkeit, während die runde Form den Himmel verkörpert. Dieser Aufbau ist deutlich erkennbar und die ganzheitliche Ausrichtung an einigen Stellen der Anlage auch noch spürbar.


Man muss sich vorstellen, dass die Menschen hier mit ihren Familien lebten und auch arbeiteten. Die Straßen und Wege waren schnurgerade und rechtwinklig angelegt, es gab und gibt teilweise schon wieder Kanäle und kleine Seen, Gärten und Bäume zur Erbauung und zum Spazierengehen.
Neben der zentralen Achse, die am Mittagstor (Ngo Mon Gate), dem Haupttor beginnt, gibt es rechts und links davon noch zwei parallele Nebenachsen. Die Tore sind farbenfroh angestrichen und die gelbe Grundfarbe strahlt im Sonnenlicht fast golden auf. Hat man durch das Mittagstor die Anlage betreten, schaut man geradewegs auf den Eingang der Halle der Höchsten Harmonie (Dien Thai Hoa). Dazwischen liegt der Hof für die Kaiserlichen Zeremonien. Hat man diesen hinter sich gelassen, muss die Brücke des Goldenen Wassers (Trung Dao) überquert werden. Darunter befinden sich zwei künstlich angelegte Seen, in denen Koi darauf warten, gefüttert zu werden. (Fischfutter kann für vor Ort gekauft werden.) Danach kann die Halle der Höchsten Harmonie betreten werden. Man steht in dieser restaurierten Audienzhalle, bewundert die roten Säulen und die feine Holztäfelung und sieht den wundervoll geschnitzten und vergoldeten Kaiserthron einsam in der Mitte stehen. Macht ist wohl das erste Wort, das dazu einfällt und Pracht das zweite. Einfach aber wirkungsvoll. Wie werden sich die Menschen damals gefühlt haben, wenn sie überhaupt bis hierhin gekommen waren?
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten befinden sich an der Hauptachse: der Hof für Kaiserliche Zeremonien, die Halle der Höchsten Harmonie, die Kaiserstadt selbst mit dem Wohnpalast Kien Trung, die Kaiserliche Bootsanlegestelle mit dem Pavillon der Frischen Luft (Nghinh Luong Dinh.


Der Flaggenturm (Cot Co oder Ky Dai) ist heute 21 m hoch. Er liegt nicht nur auf der Zentralachse, sondern er ist auch in die Schutzmauer integriert. Nach der letzten Zerstörung 1947 wurde er 1949 aus Beton wieder aufgebaut – und so kann man ihn heute besichtigen. Nicht alles soll aufgezählt werden. Finden Sie es selbst heraus.
Die Zitadelle verändert sich von Jahr zu Jahr und nähert sich ihrer früheren Pracht und Schönheit. Dafür müssen auch Unannehmlichkeiten in Kauf genommen werden: ungesicherte Baustellen, vermooste, z.T. rutschige Wege, Bauschutt irgendwo abgeladen. Feste Schuhe sollten auf jeden Fall getragen werden. Zeit ist etwas, was sich hier als Einsatz lohnt.
Und abweichend von der Hauptachse lassen sich wunderschöne ruhige Orte und Bäume und kleine Oasen finden, gerade auch weil sie noch nicht geordnet restauriert wurden. Einige Namen können vielleicht Appetit und Lust auf solchen Ausreißtourismus ohne Zeitdruck machen: im Südwesten das ‚Tor der Tugend’ (Cua Chuong Duc), im Nordwesten das Friedenstor (Cua Hoa Binh), im Nordosten das ‚Tor der Menschlichkeit’ (Cua Hien Nhon) - sollte von außen in aller Ruhe angeschaut werden -, der Pavillon der 10000 Segenswünsche (Lau Van Phuoc) und vieles mehr.
Zum Schluss noch eine kleine Ergänzung: 1822 wurde von König Minh Mang im Nordwesten der Freizeitgarten erbaut. In diesem baute König Thieu Tri 1843 den ‚Palast des Langen Lebens’ (Cung Truong Sinh). Da seine Großmutter noch lebte und der erste Enkel bereits geboren war, wurde der Palast zunächst umbenannt in ‚Haus der Fünf Generationen’. So ist das mit den Namen in Vietnam. Sie sind aussagekräftig und schön und laden zum Erkunden ein